So kannst du dich wieder auf eine neue Beziehung einlassen
Eigentlich ist deine Trennung schon eine Weile her, das Leben läuft wieder in ruhigen Bahnen, dein Liebeskummer tut nicht mehr ganz so weh. Kein emotionales Auf und Ab, nichts tut mehr weh, alles ist ruhig! Doch von Zeit zu Zeit klopft sie nun vorsichtig wieder an – die Sehnsucht. Dieses leise Gefühl, dass einem zuflüstert, wie schön es wäre, wieder umarmt und geliebt zu werden. Wieder jemanden an seiner Seite haben, neben dem man einschläft und aufwacht… Doch da ist die Angst vor der Liebe: Du willst nicht noch einmal so verletzt zu werden, nicht noch einmal in dieses tiefe dunkle Loch der Verzweiflung fallen. Nur zu verständlich. Verlassen zu werden tut sehr weh und es braucht Zeit und viel Geduld mit sich selbst, bis man sich wirklich wieder auf jemanden einlassen mag. In diesem Artikel erkläre ich dir, warum das so ist und was du dagegen tun kannst.
Die Schatten der Vergangenheit
Du hast Angst, dich Hals über Kopf auf eine neue Beziehung einzulassen? Keine Angst, das ist normal. Jemand, der eine schmerzhafte Trennung hinter sich hat, ist das nächste Mal einfach vorsichtig. Das ist ein gesunder Reflex, eine stimmige Reaktion, um weitere Risiken und Verletzungen zu vermeiden. Wir unterschätzen oft, wie intensiv vergangene Beziehungen noch nachwirken.
Das Gefühl von mangelnder Wertschätzung und Liebe - die häufigste Ursache für Trennungen - ist emotional schnell wieder abrufbar.
Die Schatten der letzten gescheiterten Beziehung legen sich manchmal schon auf eine neue Beziehung, bevor diese überhaupt begonnen hat. Warum ist das so? Die Angst, erneut verlassen zu werden und mit den Schmerzen nicht klar zu kommen ist so groß, dass viele gleich bei den ersten Begegnungen blocken. Bloß den anderen nicht zu nah an sich rankommen lassen. „Ich möchte nicht noch einmal so sehr enttäuscht, verletzt und ausgenutzt werden“, erklärt mir meine Klientin Anna. Sie ist hin- und her gerissen zwischen der Sehnsucht nach einer neuen Beziehung und der Angst vor einer weiteren Enttäuschung. Na klar, wenn Anna sich nicht einlässt, kann sie auch nichts verlieren – so einfach ist das! Aber wie schade, wenn jemand wie Anna von Anfang an so übersensibel reagiert, dass sie dem Glück gar keine Chance gibt.
Zentral ist oft die Angst: Ich bin nicht gut genug!
Warum haben Menschen wie Anna so viel Angst, sich auf eine neue Liebe einzulassen? Tatsächlich hat es viel mit uns selbst zu tun. Wir zweifeln, weil wir uns unseres Wertes oft nicht bewusst sind. Viele suchen die „Schuld“ für das Scheitern einer Beziehung erst bei sich selbst, selten oder gar nicht beim Ex-Partner*in. Wer verlassen wurde, ist meistens tief gekränkt, das Selbstwertgefühl liegt dann am Boden. Mach dir klar: Du bist nicht alleine für das Scheitern der Beziehung verantwortlich. Dazu gehören immer zwei. Doch was kann man in so einer Situation tun, um seine Angst vor einer weiteren Verletzung zu überwinden? Was muss geschehen, damit man in einer neuen Beziehung wieder Nähe zulassen kann?
Wirf einen Blick zurück….
Du kannst aus der Vergangenheit lernen. Was ist in deiner letzten Partnerschaft schief gegangen? Was waren aus deiner Sicht die Indikatoren für die Trennung. Was hat nicht gestimmt, was hat gefehlt, wo gab es einen Mangel? Hör genau hin, was deine innere Stimme sagt. Oft ist die letzte Beziehung nicht wirklich aufgearbeitet. So auch bei Anna. Im Laufe der Sitzungen wurde klar, dass es noch einige Altlasten gab, die bearbeitet werden mussten, bevor sie in eine neue Beziehung gehen konnte.
Nimm dir die Zeit und frage dich ganz ehrlich, was dir in deinem Leben wichtig ist. Formuliere Erwartungen an dich, das Leben und an eine neue Liebe. Ja, richtig gelesen, das darfst du! Du darfst Erwartungen haben – erlaube dir das ausdrücklich. Welche Werte sind dir wichtig? Wie sind deine Vorstellungen zu Themen wie persönliche Freiheit, Sex, Umgang mit Geld, Familie, Freunde, Job…? Ich bin sicher, dir fällt noch viel mehr ein. Mache nun einen Abgleich. Was wurde in der letzten Beziehung nicht erfüllt und was soll sich künftig in einer neuen Partnerschaft ändern? Baue dir so ein Werte-Fundament für die Zukunft.
Keine Beziehung ist nur schlecht. Suche bewusst auch nach dem Positiven. Es wird etwas gegeben haben, was schön und wertvoll war. Du hast deinen Expartner*in einmal sehr geliebt. Was hat auch aus heutiger Sicht noch Bestand? Versuche, dich mit der Vergangenheit zu versöhnen und deine Liebe und auch deine Trennungserfahrung in dein Leben zu integrieren. All das gehört zu dir, ist Teil deines Lebens. Vergangene Beziehungen abzuspalten ist oft das Ergebnis einer Nicht-Aufarbeitung. Die Psychologie lehrt uns, alles, was wir verdrängen, kommt zu einem anderen Zeitpunkt mit großer Macht wie ein Bumerang zurück.
… und nun schau mutig nach vorne
Autonomie ist der Schlüssel zum Glück. Je unabhängiger du bist, und ich meine hier die emotionale Unabhängigkeit – desto selbstbewusster und stärker kannst du in eine neue Beziehung gehen. Pflege bewusst eigene Freundschaften, Familie, Hobbys: Suche dir neue Herausforderungen, mache etwas, was du schon immer mal tun wolltest. All das stärkt dein Selbstwertgefühl. Und: Versuche, dich mit all deinen Schwächen und Fehlern anzunehmen. Auch das gehört zu dir.
Angst vor der Liebe - Gib dem Gefühl eine Chance
Deine alte Beziehung ist Vergangenheit. Du bist heute mental stärker und selbstbewusster! Lass deine alten Verletzungen los. Nicht jeder neue Partner*in will dich verletzten. Wenn du Ängste hast, dann akzeptiere sie. Lassen es einfach langsam angehen. Keiner erwartet, dass du dich kopflos in eine neue Beziehung stürzt. Du alleine bestimmst das Tempo und den Takt für deine neue Liebe. Aber sei ruhig mutig und zuversichtlich. Es gibt keine Versicherung für das Glück, aber es gibt eine Chance!
Deine Herzkümmerin, Heike Klopsch
P.S. Wie es mit Anna weiterging? Ja, sie hat den Mut gefunden und sich auf einen neuen Mann eingelassen. Und nein, er ist nicht in Ihrem Leben geblieben. Er war einfach nicht der Richtige! Aber Anna hat sich getraut, die Liebe wieder in ihr Leben zu lassen – und genau darum ging es.
In eigener Sache: Seit September 2019 schreibe ich als Expertin für die Freundin. Hier findest du spannende Artikel rund um die Themen Persönlichkeitsentwicklung, Liebe, Partnerschaft, Sport, Ernährung – einfach mal reinklicken. Es gibt viel zu entdecken.
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Tobias Spranger (Mittwoch, 23 November 2022 19:54)
Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Auf den ersten Blick widerspricht es sich ja, wenn Menschen mit Bindungsangst Nähe zu einem möglichen Partner suchen.
Es ist traurig, wenn zwei Menschen wieder auseinander gehen, die eigentlich echte Gefühle für einander empfinden. Mir fällt immer wieder auf, dass viele junge Menschen vorschnell eine noch junge Beziehung abbrechen - sei es aufgrund von mangelndem Vertrauen oder Bindungsangst.
Ich habe erlebt, dass bindungsscheue Freunde zwar Kontakte zu möglichen Partner aufgebaut haben, aber dann plötzlich wieder verschwinden. Beide verstanden sich super, hatten viel Spaß miteinander. Allerdings kam es für einen von beiden zu zuviel Nähe.
Die Gründe dafür, Bindungsangst zu haben und sich deshalb nicht fest an jemanden anders binden zu können ist wohl mangelndes Vertrauen zu sich selbst oder zu der anderen Person. Mein Freund hatte viele negative Erlebnisse und erlebte immer wieder, dass eine seiner Beziehungen zerbrach, weil seine Partnerin fremd ging.
Aufgrund dieses schwerwiegenden Vertrauensbruchs war er nicht mehr in der Lage, neue Nähe zu jemanden zuzulassen. Er empfand diese Untreue als der betrogene Partner als sehr schmerzlich. Betroffen sind ja meist sehr sensible Bereiche im Miteinander von zwei Menschen.
Mein Freund nimmt jetzt die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch. Dadurch kann er Schritt für Schritt seine Bindungsangst verlieren. Langsam wächst wieder seine Möglichkeit, neue Nähe zu einer anderen Person aufzubauen.
Allerdings bleibt er möglichen neuerlichen Fehltritten gegenüber sehr sensibel. Er weiß aber, dass er dem anderen nicht ständig Misstrauen bei allen möglichen Anlässen entgegenbringen darf. Das muss er sich selbst immer wieder bewusst machen, um nicht in die alten Muster der Beziehungsangst zurückzufallen.