Die 5 Phasen der Trennung bei Liebeskummer
Wie lange dauert Liebeskummer?
Diese Frage wird mir in meiner Praxis immer wieder gestellt. Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht, jeder Mensch trauert anders, einer braucht nur ein paar Monate, andere brauchen Jahre. Liebeskummer ist so individuell wie wir Menschen sind. Aber eines ist sicher, die Verarbeitung des Liebeskummers verläuft in fünf Phasen. Und durch die muss man durch. Gibt es eine Abkürzung? Schon mal vorab: NEIN, gibt es nicht.
Die fünf Trauerphasen, über die ich hier sprechen möchte, wurden von der Schweizer Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross entwickelt. Kübler-Ross entwickelte ihre Theorie der Trauerphasen auf Grund von Gesprächen mit Sterbenden und Trauernden. Aber tatsächlich lässt sie sich auch auf jegliche Art von Verlust und Trauerbewältigung anwenden – also auch auf Liebeskummer. Allerdings spricht man in diesem Zusammenhang von Trennungsphasen. Diese Phasen möchte ich euch vorstellen, denn ich glaube es hilft ein wenig, wenn man weiß, was mit einem passiert.
Die fünf Trennungphasen – es führt kein Weg dran vorbei!
Trennungsphase 1: Du willst es nicht wahrhaben
„Es ist aus!“ Dieser Satz steht nun unwiderruflich im Raum und damit sind Tatsachen geschaffen, die du vielleicht nicht wahrhaben willst. Das komplette Gefühlschaos überrollt dich, du fühlst dich sprachlos, bist wie gelähmt. Du denkst: „Das kann doch nur ein Irrtum sein, ein Missverständnis.“ Panisch willst du zum Telefon greifen, um ein klärendes Gespräch bitten, versuchen, den „alten“ Beziehungszustand wieder her zu stellen.
Stell dir deine Situation wie einen schweren Unfall vor. Du bist in einer Schocksituation und genauso reagiert dein Körper. Damit du nicht zusammenbrichst, schüttet dein Körper in dem Moment körpereigene Betäubungsmittel aus: Endorphine und Opiate. Das Resultat: Du fühlst dich wie in Watte gepackt, du hast das Gefühl „im falschen Film“ zu sein, betrachtest die Szene wie von außen. Auf diese Weise sorgt dein Körper dafür, dass das ganze Ausmaß des Schmerzes noch ein wenig von dir weggehalten wird. Ich will dich an dieser Stelle nicht verunsichern, aber der große Schock kommt (leider) zeitversetzt.
Mein Tipp: In dieser Phase hilft es, mit engen Freunden zu sprechen, sich langsam zu sortieren. Greife jetzt nicht zum Telefon, um deinen Ex anzurufen. Das bringt nichts! Versuche, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Gehe notfalls zum Arzt und lass dich ein paar Tage krankschreiben, wenn du dich nicht arbeitsfähig fühlst. Und bitte kein schlechtes Gewissen: Du befindest dich in einem Ausnahmezustand!
Trennungsphase 2: Deine Gefühle brechen auf
Jetzt wird es hart! Die Phase der Lähmung geht vorbei, der Kummer wird nun greifbar. Fassungslosigkeit, Wut, Verzweiflung – das Gefühlspotpourri hat jetzt alles im Angebot, nur nicht Glück. Emotional geht es bei dir drunter und drüber. Alles dreht sich nur um das eine Thema und auch dein Körper meldet sich jetzt vielleicht. Bauchschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen beeinträchtigen dich jetzt sehr.
Mein Tipp: Versuche, aus der destruktiven Grübelfalle rauszukommen und ein bisschen Abstand zu gewinnen. Du drehst dich im Kreis. Erst mit Abstand kannst du deine Themen besser sortieren. Stürze dich jetzt in die Arbeit, lenke dich ab, wo immer du kannst. Auch wenn es dir schwerfällt: Ein neues Hobby, eine neue Herzausforderung können dich jetzt auf andere Gedanken bringen. Und sorge gut für dich. Regelmäßig essen und schlafen sind jetzt wichtig.
Trennungsphase 3: Du willst verhandeln
Einige brechen jetzt in Aktionismus aus und versuchen, noch einmal einem mit ihrem Ex zu verhandeln. Du willst ihn oder sie zurück - um jeden Preis. In dieser Phase bist du zu fast allem bereit. Da werden Versprechen gegeben, Kompromisse angeboten, in Extremfällen kann das bis zur Selbstaufgabe gehen. Hauptsache er oder sie kommt zurück. In dieser Phase willst du eine Reaktion, egal um welchen Preis. Lass es sein! Geh davon aus, dass dein Expartner sich seine Entscheidung gut überlegt hat, bevor er sich endgültig von dir getrennt hat. Das einzige, was du jetzt bekommen kannst, ist eine mitleidige Reaktion. Im schlechtesten Fall ist er oder sie genervt und zieht sich komplett zurück. Dein Verhalten kann dazu führen, dass du doch noch verletzter und elender fühlst. Willst du das wirklich? Versuche, an dieser Stelle, dein letztes bisschen Stolz zu aktivieren und ihn oder sie möglichst in Ruhe zu lassen. Ich weiß, das ist im Moment sehr schwer. Aber Mitleid hast du jetzt nicht nötig, oder? Der Liebeskummer kann in dieser Phase wellenförmig kommen und gehen, Hoffnung und Resignation wechseln sich ab. Kein Wunder, dass du keinen Überblick mehr hast.
Mein Tipp: Pass auf, dass du in dieser Phase nicht stecken bleibst. Solange du dir Hoffnung auf einen Neuanfang machst, kommst du nicht weiter. Hinterfrage dich ganz offen: Glaubst du wirklich, dass eure Beziehung noch eine Chance hat? Versuche, emotionale Distanz aufzubauen und verabschiede dich von deinen Träumen. In einem Wolkenkuckucksheim kann man auf Dauer nicht gut leben. Warum klammert man sich in dieser Phase gedanklich noch einmal so an seinen Expartner? Ich vermute, du kennst die Antwort. In dem Moment, wo du wirklich loslässt, musst du dich der Realität ganz bewusst stellen und das bedeutet, dass nun die eigentliche Trauerarbeit beginnt. Diese Erkenntnis tut weh, denn damit wird der emotionale Abschied endgültig eingeleitet. Aber: Sieh es bitte auch als Chance – es geht voran!
Phase 4: Trauer und Akzeptanz beginnen
Jetzt beginnt die eigentliche Trauerarbeit, denn du hast akzeptiert, dass es kein Happyend mehr geben wird. Du bist vermutlich unendlich traurig. Die Gefühle werden leiser, wo vorher laute Emotionen wie Wut und Verzweiflung waren, greift jetzt ein stille Emotion: Tiefe Trauer. Du erkennst nun wirklich, dass es kein WIR mehr gibt. Aber dafür wird es etwas anderes geben: Ein ICH. Freu dich drauf!
Mein Tipp: Sorge gut für dich, sei freundlich, geduldig und großzügig mit dir selber. Die Dinge brauchen solange wie sie brauchen. Tue Dinge, die dir im Moment guttun. Trost ist das Gebot der Stunde. Sei gewiss, der Liebeskummer wird mit der Zeit kleiner.
Phase 5: Du findest ein neues Gleichwicht
Woran merkst du, dass es vorangeht? Die Phasen, in denen du nicht mehr an deinen Ex denkst, werden länger. Er oder sie ist nicht mehr der erste und nicht mehr letzte Gedanke des Tages. Du kannst wieder etwas besser schlafen, hast wieder Appetit und vielleicht hast du auch schon mal wieder aus vollem Herzen gelacht. Du wirst nach wie vor über deine gescheiterte Beziehung nachdenken, analysieren wo deine und seine Fehler waren. Aber du tust es mit mehr Distanz. Das Selbstwertgefühl, eine Ich-Stärke kommt langsam zurück. Du kannst dir wieder vorstellen, dass es eines Tages eine neue Liebe in deinem Leben geben kann. Es gibt wieder ein Licht am Ende des Tunnels.
Ich habe am Anfang für die erste Trennungsphase des Schocks das Bild des Unfalls verwendet. Nach einem Unfall hat man erst einmal eine Wunde, offen, blutend, entzündet. Am Ende bleibt vielleicht eine Narbe. Sie wird dich immer an diese schwere Zeit erinnern, aber es nur noch eine Narbe und auch die wird mit der Zeit immer blasser. Und so ist es auch mit dem schmerzlichen Ende einer Liebe. Am Ende bleibt eine Narbe, eine Erinnerung an das, was einmal wahr. Aber vielleicht wird sie dich auch an das Gute dieser vergangenen Beziehung erinnern, das, was der Schmerz aus dir gemacht hat: Einen stärkeren, gereifteren Menschen, der viel über sich erfahren hat und nun mit neuem Mut in die Zukunft gehen kann.
Was du noch wissen musst
Trauer ist ein sehr individueller Prozess, der seine Zeit braucht. Und Trennungsphasen verlaufen leider nicht so linear, wie ich sie beschrieben habe. Manche Liebeskummer-Klienten überspringen Phasen, andere fallen immer mal wieder zurück. Wenn du das Gefühl hast, du bist schon weit gekommen, dann kommt vielleicht noch einmal eine schlimme Phase, mit der du nicht mehr gerechnet hast. Das ist (leider) normal. Aber eines wirst du merken, die Abstände werden größer; es geht langsam aber sicher voran. Menschen trauern sehr unterschiedlich, unterschiedlich lang, unterschiedlich intensiv. Nimm deinen Kummer so an, wie er ist, denn jede Art des Trauerns ist „richtig“. Aber eines ist ganz sicher: Der Kummer geht vorbei, irgendwann!
Die Herzkümmerei hören? Hier findest du den Podcast zum Thema.
Kommentar schreiben