Warum es uns so schwerfällt, den Partner loszulassen

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Deine Partnerschaft ist beendet, der Mensch an deiner Seite ist weg – der Schmerz, den du empfindest, fühlt sich übermächtig an. So ging es auch Sina. Obwohl sie nicht glücklich in ihrer Beziehung war, fiel es ihr doch schwer, sich von Thomas zu trennen.

 

Ein mühsamer, schmerzhafter Weg. Fehlendes Commitment in der Beziehung, Nähe-Distanz-Spiele und Respektlosigkeiten prägten diese Partnerschaft seit Jahren. Aber erst nach einer sehr langen Zeit des Leidens war Sina endlich in der Lage, einen Schlussstrich zu ziehen. Das Gefühl der Entlastung, das sie sich versprochen hatte, wollte sich jedoch nicht einstellen.

 

Auf den Punkt gebracht: Der Kopf sagte Ja zur Trennung, dass Herz stolperte traurig und unentschlossen hinterher. „Warum schaffe ich es nicht, Thomas loszulassen?“ Dieser Frage wollte Sina im Coaching  mit mir nachgehen und Antworten finden. Gemeinsam haben wir uns angeschaut, wie unser Selbstwertgefühl, unser Bindungssystem und unser Gehirn auf eine Trennung reagieren. Eine Spurensuche mit überraschenden Antworten!  

 

              

Trennung, ja oder nein?

Sich zu trennen fällt schwer. Viele Menschen halten lieber an einer unglücklichen Beziehung fest, als zu gehen. Die Angst vor dem Alleinsein ist häufig übermächtig. Aber auch Selbstzweifel spielen eine große Rolle. Werde ich noch mal jemanden kennen lernen? Sind meine Ansprüche vielleicht zu hoch? Bin ich zu kompliziert? Sollte ich nicht doch noch weiterkämpfen? All diese Überlegungen stehen im Raum.

 

„Wenn der Selbstwert auf Dauer in einer Beziehung beschädigt wird, dann ist es Zeit zu gehen.“

 

Einen offenen Blick auf die Beziehung zu werfen, ist oft schmerzhaft aber auch heilsam. Sina musste sich eingestehen, dass ihr Selbstbewusstsein in der Beziehung zu Thomas im Laufe der Zeit stark gelitten hatte. Sein Verhalten war häufig sehr kompromisslos; er nahm wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Partnerin. Aber besonders fatal waren seine immer wiederkehrenden emotionalen Rückzüge. Sina war durch Thomas Distanz-Nähe-Spiele irgendwann völlig zermürbt. Mal war er nah und verbindlich, kurze Zeit danach aber abweisend und unverbindlich. Sina, die beruflich sehr erfolgreich und selbstbewusst war, ließ sich – zu ihrem eigenen Entsetzen - im privaten Bereich zunehmend Demütigungen und Zurückweisungen gefallen; sie wurde immer kleiner und angepasster. Ständig fragte sie sich, was sie noch tun könnte, um Thomas zu gefallen, damit er endlich „Ja“ zu ihr als Person und zu ihrer Beziehung sagen könnte. Sie versuchte noch attraktiver und hübscher zu sein, noch mehr auf Thomas Bedürfnisse einzugehen – sie hat wirklich alles gegeben und war kurz davor, sich selbst in dieser Partnerschaft zu verlieren.  

Gehen oder bleiben - Unser Bindungssystem prägt uns

Das Festhalten oder Schwer-Loslassen ist eng mit unserem Bindungsverhalten verknüpft. Wir alle haben einen biologisch sehr starken Wunsch nach Bindung, Trennung löst also bei den meisten Menschen große Ängste aus. Nach der Bindungstheorie neigen Menschen zu Verlustangst oder zu Bindungsangst – die Glücklichen unter uns haben ein sicheres Bindungsverhalten und damit eine gute Balance zwischen Nähe und Distanz. Sina ist ein eher unsicher-ängstlicher Beziehungstyp, Thomas hingegen neigt dazu, Bindung zu vermeiden. Sie braucht Nähe und Verbindlichkeit, er hat ein hohes Unabhängigkeitsbedürfnis. Und je mehr Nähe Sina einfordert, umso mehr distanziert sich Thomas. Mit seinem ausgeprägten Autonomiebedürfnis ist er in der Beziehung zum Herrscher über Nähe und Distanz geworden, ein unheilvoller Tanz, den Sina atemlos mittanzt. Sie hat sehr große Angst vor dem Loslassen, denn als ängstlicher Beziehungstyp wird ihre tief sitzende Angst vor Verlust und Zurückweisung direkt getriggert.

 

„Der Moment des Loslassens enthält immer Ungewissheiten; der Wunsch nach Sicherheit, ist in solchen Augenblicken sehr mächtig.“

 

Loslassen ist wider die Natur – das müssen wir erst lernen

Auch wenn wir eigentlich wissen, dass die Zeit für eine Veränderung gekommen ist, fällt das endgültige Loslassen schwer. Wenn es wirklich ernst wird, dann bleiben unsere Vorstellungen von einem neuen, anderen Leben auf einmal auf der Strecke. Statt Gas zu geben, treten wir ängstlich auf das Bremspedal. Aber warum ist das so? Was passiert in dem Moment, wo die zentrale Frage „gehen oder bleiben“ im Raum steht.

Unser Gehirn spielt dabei eine zentrale Rolle, verkürzt gesagt: Es mag keine Veränderungen, liebt dagegen Routinen. Das Gehirn wandelt all unser Tun möglichst schnell in Routinehandlungen um, das kostet viel weniger Ressource, als sich immer wieder mit Neuem auseinander zu setzen. Wenn wir Automatisiertes ausführen, dann belohnt uns unser Gehirn, indem es körpereigene Opiate – sogenannte Wohlfühlhormone, ausschüttet.

 

Wenn wir uns verändern wollen oder eine Veränderung  - zum Beispiel eine Trennung  - von außen herbei geführt wird, müssen wir uns also mit den mehr oder weniger ausgeprägten Widerständen unseres Gehirns auseinandersetzen.  Bei ca. 80 % der Menschen ist der Wunsch nach Verlässlichkeit und Routinen sehr stark ausgeprägt. Sie halten aus diesem Grund sehr lange oft unbeirrbar an allem Vertrauten fest, auch wenn es ihnen subjektiv schlecht geht. Der Leidensdruck muss also sehr hoch sein, damit wir aktiv in eine Veränderung gehen.             

Eine Trennung beschädigt unser Selbstwertgefühl

Es ist für viele Menschen im ersten Moment nicht ganz nachvollziehbar, aber im Kern geht es bei einer Trennung fast immer um ein gekränktes „Ich“, ein stark angegriffenes Selbstwertgefühl. Distanz und Zurückweisung werden als frontaler Angriff auf unser Selbstbewusstsein erlebt. Durch diese finale Zurückweisung fühlen wir uns als Person stark in Frage gestellt. Habe ich nicht gereicht, ist jemand anderes attraktiver, begehrenswerter?

Fast alle Menschen stabilisieren ihren Selbstwert durch äußere Anerkennung. Wird uns diese entzogen, zum Beispiel dadurch, dass jemand sich von uns trennt, dann bricht der Selbstwert ein – wir fühlen uns im wahrsten Sinne des Wortes wertlos und entwertet. Und genau dies versuchen viele Menschen um jeden Preis zu verhindern. Da wird verdrängt, schön geredet, idealisiert, ausgeblendet… Sina hat es irgendwann für sich sehr klar formuliert: „Die Sehnsucht und der Wunsch, wie die Beziehung sein könnte, hat alles dominiert. Ich habe versucht, einen Beziehungstraum zu leben und dabei die traurige und ernüchternde Realität komplett ausgeblendet.“ 

„Gewinnen Sie die Kontrolle über Ihr Leben zurück.“

 

Eine Beziehung im Konjunktiv, in der Sina sich immer mehr von sich selbst entfremdet hat. Der Fokus ihrer Aufmerksamkeit lag zuletzt fast ausschließlich auf Thomas, seinen Wünschen und Vorstellungen. Verzweifelt hat sie versucht, die Kontrolle über die Situation wieder zu erlangen. Doch   irgendwann musste Sie frustriert sie erkennen, dass das vergeblich war. „Ich war wie die Beifahrerin in seinem zu schnellen Auto. Er bestimmte das Tempo und den Weg. Ich saß bewegungslos an seiner Seite und hatte einfach nur noch Angst. Ich hatte das Gefühl, auf einem Schleudersitz ohne Gurt zu sitzen.“  In dem Moment wurde ihr bewusst, dass sie dringend anfangen musste, die Steuerung über ihr eigenes Leben zurück zu gewinnen.

Sina hatte verstanden, dass nur sie alleine für ihren Selbstwert verantwortlich ist. Sie fing wieder an, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, fragte sich, was ihr guttun würde. In einem langsamen Prozess hat sie sich wieder an sich selbst angenähert. Was ihr geholfen hat? Kampfsport!  Durch das Training wurde sie Stück für Stück körperlich wieder fitter und mental stärker. Ein wichtiger Schritt in Richtung Heilung.     

 

„Ein Nein zur Beziehung ist oft ein Ja zu sich selber.“

Kämpfen Sie keinen einsamen Kampf – Veränderung geht nur gemeinsam

Habe ich alles getan, um die Beziehung zu retten? Diese Frage hat sich auch Sina immer wieder gestellt. Klar ist, man kann und soll für den Teil Verantwortung in der Beziehung übernehmen, der  bei einem selber liegt, aber niemand ist für alles verantwortlich. Veränderung in einer Partnerschaft geht immer nur gemeinsam. Und das gilt es herauszufinden. Dabei hilft die Gretchenfrage: „Willst du gemeinsam mit mir an unserer Beziehung arbeiten?“ Klare Kommunikation erfordert Mut. Denn auf eine klar formulierte Frage bekommen  wir in der Regel auch eine klare Antwort, nur  manchmal eben nicht die, die wir uns erhoffen. So oder so, Sie werden sehr schnell erkennen, ob ihr Partner es ernst meint.

 

Sina ist tatsächlich noch ein letztes Mal auf Thomas zugegangen. Sie hat ihm die Gretchenfrage gestellt. Die Antwort war ein „Jein“. Sina konnte endlich loslassen.

 

 

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